Terminal Inzersdorf

Güterzentrum Wien Süd nimmt Form an

Bauherr: ÖBB-Infrastruktur AG
Jahr: 12/2016
Bildrechte: ÖBB, Gerald Sturm

Wichtiger internationaler Umschlagplatz für Güter entsteht

Fast 300 Millionen Euro werden in die Realisierung des Güterzentrums Wien Süd investiert – wie bereits in der Ausgabe 2015 dieses Fachmagazins ausführlich berichtet. Schneller Umschlag, kurze Transportzeiten und ein hoher Qualitätslevel sind gefragt – vor allem, wenn es darum geht, im Wettbewerb mit der Straße zu bestehen. In Zeiten von Klimaerwärmung und Bekenntnissen zur weltweiten Verringerung des CO2-Ausstoßes spielt der konsequente Ausbau der Schiene eine entscheidende Rolle. Immer mehr Menschen wollen möglichst schnell und bequem mit Gütern des täglichen Bedarfs versorgt werden. Vor allem in den Ballungszentren entsteht dadurch ein enormes Verkehrsaufkommen. Die Europäische Union prognostiziert für den Wirtschaftsstandort Wien hohe Zuwächse im Gütertransport. Das bedeutet aber auch, dass die infrastrukturellen Einrichtungen laufend an die stets neuen Erfordernisse angepasst werden müssen. Auf einer Projektfläche von mehr als 55 Hektar wird dieses Güterzentrum Wien Süd derzeit gebaut. Die neue Anlage liegt an der Schnittstelle zwischen der Pottendorfer Bahnlinie und der Außenring-Schnellstraße S1. Die ÖBB messen dem transsibirischen Korridor eine entscheidende Bedeutung zu. Österreich und vor allem der Großraum Wien mit seiner geographisch günstigen Lage bringen erhebliches Potenzial mit sich, sich zu einem wesentlichen Logistik-HUB für Verkehre von und nach Russland, zu den bedeutenden Häfen im Norden und Süden Europas und der Asienroute zu entwickeln. Ab Ende 2016, mit der Teil-Inbetriebnahme des Güterzentrums in Inzersdorf, erfolgt dafür der nächste bedeutende Umsetzungsschritt.

Ziel und Zweck des Bauvorhabens

Was der Hauptbahnhof Wien für Reisende, wird das neue Güterzentrum Wien Süd für den internationalen Umschlag von Waren fast aller Art. Der Planung für den neuen Terminal ging eine umfassende Standortbeurteilung voraus, die Kriterien wie Raumstruktur, Umwelt und Ökologie, Kapazität, Bahn- und Straßenanbindung etc. berücksichtigt. Der Standort in Wien Inzersdorf erfüllt alle geforderten Kriterien. Gebaut wird das Güterzentrum in mehreren Bauphasen, sozusagen modular. Die erste Ausbaustufe wird Teile für den Kombinierten Verkehr und für den Wagenladungs-Verkehr beinhalten. Der Bau der Umschlagshalle für die Kontraktlogistik ist für 2017 geplant. Bei entsprechender Auslastung des Terminalbereichs wird die Anlage erweitert. Somit könnte bei Bedarf bereits Ende 2017 eine Erweiterung der Anlage um zwei weitere Portalkräne inklusive der dafür erforderlichen Straßen- und Schieneninfrastruktur in Angriff genommen werden. Einer der ersten größeren Meilensteine in der Ausbaustufe 1 war die Errichtung der Anschlussstelle zur S1, die als Baustellenzufahrt dient. Parallel dazu erfolgte die Querung der S1 in Form einer Überplattung. Hierbei wurde die bestehende Eisenbahnbrücke der Pottendorfer Linie auf insgesamt 270 m verlängert. Der neue Tunnel Hennersdorf ist seit Sommer 2015 in Betrieb und der Bereich für den Straßenverkehr auf der S1 wieder unbehindert befahrbar. Dieser Teil des Projekts entstand in Kooperation und unter Kofinanzierung der ASFINAG.

Drehscheibe für Güterverkehr

Die Anlage wird allen Anforderungen, die man von einem modernen Güterzentrum erwartet, gerecht. So beträgt die Kranbahnlänge von Prellbock zu Prellbock 730 m, von denen 700 m als Manipulationsbereich zur Verfügung stehen. Neben den Gleisanlagen für die Zugteilung, Wagenreihung oder Wagenumstellung wird es eine Anlage für den Intermodalverkehr geben. Die Anlage für die Kontraktlogistik ist als Umschlagshalle mit Ladegleisen und Laderampen geplant. Straßenseitig befinden sich Ladehöfe mit LKW-Laderampen, schienenseitg entsteht eine Gleisgruppe. Natürlich wird das Güterzentrum auch alle erforderlichen Hochbau-, Verkehrs- und Betriebs-anlagen beinhalten.

Nachhaltiges Bauen

Nachhaltigkeit spielt heute eine entscheidende Rolle. Die ÖBB achten bei Bauvorhaben bereits bei der Planung darauf. So wird der zukünftige Terminalbereich so eingerichtet, dass Zugseinfahrten mittels Schwungfahren möglich sind. Das bedeutet, dass die gesamte Zugsgarnitur elektrisch in den Terminal eingefahren werden kann, dort jedoch ohne weiteren Stromverbrauch in den Verladebereich rollt, bis das Triebfahrzeug wieder in den Stromabnehmerbereich gelangt. Dadurch werden Verschubbewegungen mittels Diesellokomotiven eingespart.

Betriebsgebäude in Holzbauweise

Auch bei den Hochbauten setzt die Bahn auf Nachhaltigkeit. So wurde im Norden der Baustelle neben dem Empfangsgebäude für den Kombinierten Verkehr, dem sogenannten KLV-Gate, das Betriebsgebäude Nord errichtet – das erste Betriebsgebäude seiner Art in Holz-Massivbauweise. Mit dem Ziel, möglichst ökologisch, energie- und ressourcenschonend zu bauen, kamen großteils kreuzweise verleimte Massivholzplatten zum Einsatz. 260 m3 dieser Massivholzplatten wurden im neuen Betriebsge-bäude schlussendlich verarbeitet. Ein zweistöckiges Gebäude mit rund 460m² Grundfläche, in dem die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter künftig in einer besonders angenehmen Atmosphäre ihren Dienst versehen werden. Die Erfahrungswerte daraus werden gesammelt, analysiert und mit konventionellen Methoden verglichen. Sollte sich deren Sinnhaftigkeit zeigen, wird diese Bauweise auch in zukünftige Projekte der ÖBB einfließen. Nachhaltiges Bauen setzt natürlich auch optimale Energienutzung voraus. Da ein Fernwärmeanschluss nicht wirtschaftlich herstellbar war, wurde für die Klimatisierung der Hochbauten die Nutzung der Erdwärme vorgesehen. Erdwärme hat zudem den Vorteil, dass die Energie im Jahresverlauf konstant zur Verfügung steht. Zum Zwecke der Erschließung dieser Ressourcen wurden an die 36 Sonden in eine Tiefe von rund 70 m eingebracht, womit etwa zwei Drittel der benötigten Heiz-/Kühllast abdeckt werden können. Das restliche Drittel wird aus jenen Sonden eingebracht, die in der Bewehrung der Bohrpfähle, auf denen die Gebäude gegründet sind, mitverlegt wurden. Ab dem Zeitpunkt der Inbetriebnahme werden das Verhalten der Anlage, der Energieertrag und andere Parameter analysiert. Die Erkenntnisse daraus fließen in die Planung weiterer derartiger Anlagen ein. Mit den Projekten Holzbau und Erdwärme trägt die ÖBB Infrastruktur AG dem Bekenntnis des Konzerns zur Reduktion des CO2-Ausstoßes Rechnung.

Fakten

Adresse

an der Schnittstelle der S1 mit der Pottendorfer Linie

Wien Inzersdorf

Fläche

Projektfläche: 55 ha

Gleise: 28 km

Massenbewegung: 1 Mio. m3

Beton: 30.000 m3

Architektur

Bauherr:

ÖBB-Infrastruktur AG

Chronologie

Planung: 09/2009 – 12/2011

Baubeginn: 08/2013

Hochbauten fertig: 06/2016

Ausbaustufe 1: 12/2016

Projektpartner

Orbi Tower
Stafa Tower Vienna